Öffnungen, Wunden und ein paar Linien
Chris Regn und Andrea Saemann im Gespräch, Juni 2011
Auftrag, Verhältnis, Arbeitsmethode
AS: Rollen wir jetzt die Geschichte unserer Freundschaft mit Monika Dillier auf?
CR: Nein. Wir fassen zusammen, worum es geht. Monika hat uns angefragt für ihr Buch einen Beitrag zu schreiben. Wir führen hier ein Gespräch und aus Gesprächen entwickelt sich was. Weil wir das wissen und darauf vertrauen, ist es unsere Methode. Sie hat uns vorgeschlagen über das Zusammenarbeiten zu schreiben, weil sie das interessiert und weil sie mit uns in genau solchen Verhältnissen von Zusammenarbeit steht.
AS: Monika überschreibt dieses Kapitel ihres Buches mit «Zusammenarbeiten im Elfenbeinturm». Üblicherweise sitzt ein einsamer und weltabgewandter Denker im Elfenbeinturm. Mit ihrem Titel sprengt sie den Turm und sagt, dass sie sich in ihrer Arbeit an jedem Ort, so abgeschieden er sein mag, in geistigem Austausch mit Welt befindet.
Im Netz
AS: Also wenn Monika zum Beispiel von einem Foto von Marilyn Manson beeindruckt ist und es in ihre Bildproduktion einfliesst, so beginnt für sie eine Zusammenarbeit mit Marilyn Manson.
CR: Einflussnahme versteht Monika als Zusammenarbeit.
AS: Meinst du, sie nennt Zusammenarbeit, was ich in meinen Arbeiten als Bezugnahme bezeichne?
CR: Monika hat einen erweiterten Begriff der Zusammenarbeit, der über das gemeinsame Produzieren hinausgeht. Sie geht auf eine andere Ebene. Sie arbeitet viel mit medialen und überlieferten Bildern, mit denen sie eine Beziehung eingeht. Das ist für sie Zusammenarbeit: Ein Einfliessen konkreter, bestehender Bilder, die sie tranformiert. So habe ich das verstanden. Mir gefällt, dass ich so viele Vermutungen darüber habe, wie sie Zusammenarbeit sieht. – Sie lässt es zu, dass bestehende Bilder oder andere Menschen extremen Einfluss auf ihre Arbeit nehmen, und hat dabei keine Angst sich zu verlieren.
AS: So verstehe ich auch ihre Einladung an uns: Sie ist bereit mit unseren Zuschreibungen umzugehen.
CR: Monika sieht sich als aktiv Verarbeitende, aber trotzdem als Medium medialer Überlieferung.
AS: Sie begreift sich selbst als Medium, als Mittlerin und stellt sich in den Bilderstrom der Medien, der Bücher, der Tageszeitungen, der Heftlis, des Fernsehers. Einzelne Bilder greift sie auf, schneidet sie aus, verarbeitet sie, druckt sie aus, formt sie um, lässt sie in eigene, neue Bilder einfliessen…
CR: Zum Beispiel das weisse Prada Röckchen mit den schwarzen Punkten. Wenn sie die Seite mit der Werbung aus der Modezeitschrift schneidet, sie auf eine bestehende Aquarellzeichnung klebt und somit neu einfasst; oder wenn sie genau diese unterschiedlich grossen, schwarzen Punkte aufnimmt und den Saum eines gemalten, in Streifen geschnittenen Rockes damit beklebt; oder wenn sie eine Chinesin in farbige Punkte setzt und über diese sinnieren lässt, – dann überträgt sie Bilder oder speist sie in neue Medien ein.
AS: Da verlässt sie auch den „Elfenbeinturm“ ihrer angestammten Techniken: die Pinsel, die Farben, das Wasser.
CR: Dann geht sie zum Beispiel aus den Materialbüchern in eine Videoinstallation oder vom Aquarell zu Glasobjekten. Sie kann es natürlich nicht immer alleine, sondern sucht sich entsprechende Hilfe.
AS: Monika hat keine Berührungsängste, auch mit Medien, die sie technisch nicht beherrscht. Geht es hier um eine Zusammenarbeit in der Produktion, das heisst um eine gemeinsame Arbeit an der Umsetzung einer Vorstellung ins Material oder um einen konkreten Auftrag an den Handwerker?
CR: In wieweit sie dies als Hilfestellungen für die Produktion oder als Zusammenarbeit versteht, entscheidet sich, glaube ich, jeweils neu.
Tischgespräche oder: Ist Kunst machen was anderes als Politik machen?
AS: Wir arbeiteten mit Monika – und tun es noch – in zwei losen Gruppierungen: im Manifest und in den später daraus hervorgegangenen Tischgesprächen.
CR: Ich beobachte, wann Monika eine Zusammenarbeit in ihr künstlerisches Tun einschliesst und wann nicht. Während des Kongresses für künstlerische Strategien erlebte ich, wie sie als Mitorganisatorin von der Gruppe des Manifestes Abstand nehmen wollte. Das sei schon toll, politisch zu sein und so zu arbeiten, doch in diesem Fall befriedige es ihre künstlerische Arbeit nicht. Es gibt Sachen, die sie nötig findet aber nicht schön. "Mich scheisst das an. Ich hab jetzt genug organisiert." Später realisierten wir vor dem Hintergrund des Manifestes, dass wir einander hatten und wir haben dann vieles zusammen gemacht, auch grössere, gemeinsame künstlerische Projekte, wie „purity & danger“, die öffentliche Badeaktion auf dem Münsterplatz für das Museum der Kulturen. Unsere Gespräche wurden regelmässige und wir nannten dieses lose Miteinander Tischgespräche.
AS: Aber, woher kam die Dringlichkeit, Dinge im gemeinsamen Gespräch zu thematisieren? – Ich erinnere mich an die Einladung von Monika, gemeinsam in ihrem Haus auf Tinos Ferien zu machen. Sie war bereit uns als Gastgeberin willkommen zu heissen und zugleich war da ihr Wille zu einer gemeinsamen Disziplin. Jede konnte ihre brennende Frage in Sachen Kunst zur Reflektion in die Runde geben. So sassen wir wiederholt konzentriert im Gespräch um den Tisch. Gleichzeitig schützte Monika damit den anderen Bereich: das Abhängen, Schweifen und Ferienmachen. Sie mag Klarheit und Entschiedenheit. Hier fokussiert und hier nicht fokussiert. Beides ist wichtig.
Ambivalenz als Mittel zur Fortbewegung
AS: Monika arbeitet in Polaritäten, mit Ambivalenzen und Gleichzeitigkeiten.
CR: Das Wort Ambivalenz drückt für mich bei weitem nicht das aus, was ich erlebe, wenn ich Monika sehe. Sie schwebt so durchs Leben und hat total viel Mühe, körperliche Mühe zum Beispiel. Sie hat es geschafft eine Reibung zu erzeugen, die ihr Energie bringt. Ich spüre die Energie, aber ich verstehe sie nicht. Sie kommt so von unten nach oben. Sogar wenn sie hinfällt, ist sie in Aufschwung.
AS: Was ist das für ein Aufschwung? Woran siehst du den?
CR: Wenn sie spricht, ist sie so zugewandt. Das ist ihr Aufschwung. Sogar wenn sie was absagt, bleibt sie noch zugewandt. Das sind für mich Fragen, die in der Zusammenarbeit eine Rolle spielen.
AS: Ja. Ich habe auch keine Vorstellung davon, wie es ist, wenn sich Monika abwendet.
CR: Sie erwartet etwas. Es ist fast wie eine kindliche Freude am Gegenüber.
AS: (Lachen.) Gibt es tatsächlich keine Brüche oder Schnittstellen?
CR: Klar. Ich behaupte einfach: Monika Dillier hat mit Wunden keine Probleme, weil sie den Zustand der Offenheit persönlich atmet und auch theoretisch damit befasst ist. Deshalb ist sie auf ihre Art unerschrocken und schöpft daraus Energie.
AS: Den Tod kann sie nicht ausstehen, weil er eine fatale Verletzung ist. Sie hasst es auch, wenn Beziehungen zu Ende gehen.
CR: Ich denke, ich würde Zusammenarbeit bei Monika jetzt noch weiter sehen als vorhin: Alles was ihrer Arbeit förderlich ist, bezeichnet sie als Zusammenarbeit.
AS: In diesem Sinne arbeitet sie mit lebendigen Menschen, mit toten Menschen, mit Medien, Objekten, Materialien, Büchern, Gedanken, Autoren…eigentlich arbeitet sie mit der ganzen Welt zusammen.
CR: Ich denke gerade an ihr Bild vom Satelliten, welches bei mir in Hamburg hängt. So sehe ich Monika, als eine die sendet und auf Empfang geht. Und das im rhythmischen Wechsel, als Mittel zur Fortbewegung.
AS: Aufmachen und dann wieder rausdrücken. Aha, das hat mit Verdauen zu tun. Und wohin bewegt sie sich?
CR: Vielleicht ist Monika vielmehr ein Perpetuum Mobile.
Qualle im Wasser und Pflöcke im Schnee
AS: Mir kommt hier das Bild von der Qualle. Wie die Qualle vom Wasser getragen ist, sich nirgendwo abstösst und doch vorankommt.
CR: Obwohl Monika schon auch Dampfkochtopf-Momente hat.
AS: Das Vorankommen der Qualle scheint mühelos, doch die Richtung bleibt unklar. Sie braucht etwas zum abstossen.
CR: Und deshalb hat Monika zusätzlich diese Energie, wenn sie explodiert? Diesen Turboantrieb, diesen Zorn?
AS: Ich habe das Gefühl, dass sie – im Gegensatz zur Qualle – auch gerne Pflöcke in den Schnee rammt. Da geht es dann um Termine, wer macht was, Verantwortlichkeiten, Listen, „Negel mit Chöpf“. Manchmal ist sie bei gemeinsamen Unternehmungen voller Ungeduld mit diesen Pflöcken beschäftigt. Schon klar, im tiefen Schnee braucht es Markierungen, damit man den Weg erkennt.
CR: Die Dynamik von Gruppen ist ja manchmal so, dass man nicht durchblickt. Dann will man sofort zwei Stecken, weil man nicht erkennt, wo die Gruppe jetzt gerade hinfliesst…
Haus in Griechenland, Kultur- und Genusslandschaft, Feld des Zusammen
AS: Wenn ich über Monika, unsere Zusammenarbeit und dieses Feld der Tischgespräche nachdenke, lande ich unweigerlich bei unseren gemeinsamen Aufenthalten in ihrem Haus in Tinos. Eigentlich dachte ich, unser Gespräch hier sollte Teil des Kapitels „auf Reisen gehen und in Häusern leben“ werden: Wegen der Stimmung, die wir in und um ihr Haus gemeinsam bewohnen.
CR: Hast du deshalb die Postkarte machen wollen, dieses Gruppenfoto von «Monika Dillier mit befreundeten Künstlerinnen in ihrem Haus in Griechenland»?
AS: Genau. Ich habe das Bedürfnis den Werkbegriff für Monika zu erweitern und zu sagen, das Haus ist das Werk. Oder die Umgebung, die sie für unsere Ferien in Anführungszeichen schafft, das ist das Werk. Das hat dann zu tun mit Schweifen, Fokussieren, Essen und Tischdecken …
CR: …dass man Tinos begreift, als Punkt, der ganz klar mit Gemeinschaft und Diskurs und Interdisziplinärem zu tun hat. Ich muss sagen, dass ich Tinos so lustig finde, weil da alles gebaut ist.
AS: Terrassen, Taubentürme, Kapellen…die ganze Landschaft ist gebaut.
CR: Weil die Insel definitiv uralt und eindeutig eine Genuss- und Kulturlandschaft ist. Als ob Monika das aus Griechenland zu uns gebracht hätte…das ist Humanismus pur. Nur, Monika hat den Humanismus mit irgendso einer orientalischen Prägung.
AS: China.
CR: Ach, von ihren wiederholten Aufenthalten in China kommt das.
Von chinesischen Türen und Fenstern und anderen Öffnungen
CR: Wir können uns auch über die Häuser in ihrem Leben und die Öffnungen in ihren Zeichnungen ans Zusammenarbeiten herantasten.
AS: Meinst du mit „Öffnungen in ihren Zeichnungen“ ganz konkret Fenster?
CR: Sie hat ja alles Mögliche in petto: Satelliten, chinesische Fenster und Türen, vor allem Augen, die auch zu Punkten werden. Dazu kommen Linien und Strahlen, die das Auge zur Weltkugel oder zum Sender machen. Sie zeigen die Blickrichtung an, so dass man beim Betrachten in direkter Verbindung steht. Es hat was zu tun mit Erkennen, mit Lust, mit Erotik und auch mit dem Zusammensein und zusammen Arbeiten.
AS: Man ist miteinander verbunden über das Sehen, über den gemeinsamen Sehstrahl.
CR: Ja, oder über das sich Erkennen. Wenn auf einem Bild zum Beispiel in der Eule ein menschliches Gesicht mit geschlossenen Augen eingemalt ist…dann geht es darum, das, wo man grad dran ist, mit den Kräften von jemand anderem zu machen.
AS: Wie würde ich mit der Eule kucken?
CR: Ja, dieses Verdoppeln der Augen, die mit dem Blick nach innen nach aussen greifen. Das sind ja alles so wichtige Sachen. Oder zum Beispiel die Bilderserie mit den Vasen. Da versucht man in die Vase reinzugehen, man will sie ausfüllen, sie erkunden, aber auch sich darin verstecken. Und gleichzeitig birst schon das Glas. Das Gefäss bricht auf. Solche Wunden sind wie Öffnungen.
AS: Stimmt. Und oft stellt Monika Öffnungen auch ganz konkret her, indem sie ins Papier oder in die Zeichnung reinschneidet.
CR: Sie zerschneidet ihre Bilder in Linien, in Streifen, so dass sie – wieder durchlässig – Durchblick erlauben.
AS: Das Öffnen des Bildes nimmt sie ganz wörtlich, aber sie thematisiert die Öffnung auch im Bild drin. Zum Beispiel in ihrem Bild mit dem Reh und dem Mann, der daneben auf dem Waldboden liegt – aus dem Film dead man. Hier steht für mich die Hingabe im Vordergrund. Monika’s Lexikon der verschiedenen Hingaben. Okay, das Reh ist verwundet und blutet, doch die Wunde an und für sich, die ist jetzt nicht zentral.
CR: Doch, ich finde das schon. Ihre Wunden müssen nicht triefen. Bei den Eltern Dillier kam das Fleisch immer ohne Knochen auf den Tisch. So ist bei Monika die Wunde. Obwohl manche Sachen total schmierig sein können, würde sie ja in Ohnmacht fallen, müsste sie zuviel Blut malen. Trotzdem gibt es bei ihr viele gemalte Wunden. Wunden sind bei ihr immer auch Öffnungen. Wie die chinesischen Türen und Fenster auch. Eigentlich wird es dann erst richtig schmerzlich, wenn es keine Öffnungen mehr gibt.
AS: Wenn es blind wird.
CR: Wenn es abgetrennt ist.
AS: Oft schauen mich ihre Bilder an.
CR: Monika findet, die Dinge schauen einen an.
AS: Ah, jetzt kommen wir zu den Augen als Öffnungen und zu Blickrichtungen. Im Bild der beiden Äffchen fasziniert mich, wie das eine Äffchen dem anderen zuschaut, wie dieses wiederum mit einem fruchtähnlichen, roten Ding hantiert. Die Blicke gehen nicht aus dem Bild raus, sondern immer weiter hinein.
CR: Bei der Chinesin ist es auch so. Sie sitzt und blickt nach unten und da sind die Wasser oder die Gewichte oder was es jeweils ist, und die kucken zurück. Auch Sachen schauen. Man wird nicht immer nur von Augen angestarrt. Es gibt diese Reflexionen. Das Zusammenarbeiten hat damit zu tun.
AS: Dass man wie ein See ist für sein Gegenüber?
Zusammenarbeit als Latenz, die sich erfüllen kann
CR: In diesem Zusammenhang finde ich die Linien und Schraffuren interessant, die Monika manchmal über ihre Zeichnungen legt. Wie diese den Dingen Schutz geben. Schutz heisst auch, man weiss, dass mehr dahinter ist als man auf die Schnelle begreift. Es öffnet einen Raum, den man nicht gleich erfassen kann. Manchmal werden die Linien auch zu gedanklichen Sprüngen. Zum Beispiel wenn Monika sagt, dass sie sich beim Zeichnen vorstelle, sie würde singen. Oder all die Tiere…
AS: Was meinst du damit?
CR: Ich meine Nachbarschaften. Das Reh und der Mann, der im Wäldchen neben dem Reh ruht. Monika interessiert sich für das Wäldchen, das Nebeneinander der Baumstämme, des Tiers und des Menschen und was da alles möglich ist. Sie sind nicht wirklich auf einer Ebene. Die Erfahrung dabei ist nicht diesselbe. Nachbarschaftlich eben.
AS: Ah, wo ich zwischen Reh und Mann von Hingabe spreche, sagst du Nachbarschaften und betonst dabei die Unterschiedlichkeiten der jeweiligen Erfahrungsräume.
CR: Mich interessiert, wie Zusammenarbeit in dieser Unterschiedlichkeit funktionieren könnte. Wenn Monika einen Mitautor hat in Marilyn Manson und darüber arbeitet, was Marilyn Manson für sie repräsentiert und bei ihr auslöst, dann kann sie „bloss“ Vermutungen haben. Vermutungen über Ähnlichkeit…
AS: …oder Unterschiedlichkeit.
CR: So ist Zusammenarbeit eine Latenz, die sich erfüllen kann.
AS: Zusammenarbeit nicht als etwas, das Monika sucht, sondern das sich ergibt?
CR: Als etwas, das ist! Wie gesagt, für sie ist Zusammenarbeit im ständigen Wechsel von Senden und Empfangen.
AS: Von Vermuten, Verstehen und produktivem Missverständnis.
Freiheit, gerahmt
AS: Im Haus in Griechenland gibt es starke Regeln. Man lernt von Monika, dass es für alles Formen gibt. Es ist nicht nur wichtig, wie man eine Zeichnung macht, sondern auch wie man den Tisch deckt. Sie baut eine Kultur auf. In diese setzt man sich und spürt sie und lernt sie. Man wird beeindruckt.
CR: Du würdest sagen, sie führt eine Schule.
AS: Eine Schule? Ja, auf eine Art schon. Sicher keine Klosterschule, denn ihre Schule ist schön und angenehm und hat mit Genuss zu tun.
CR: Ja, wenn man spielt, braucht man Regeln. Für mich ist das ein Freiheitsbegriff, der einen Rahmen schafft, in dem man sich frei bewegt.
AS: Ihr kommt es nicht drauf an, uns diese Regeln beizubringen, sondern sie liegen einfach in der Luft. Manche Regeln sind explizit, zum Beispiel was den Umgang mit Weingläsern oder Teetassen betrifft.
CR: Also, mit Tinos meinen wir ein von Monika Dillier geführtes Haus für Zusammentreffen. Da paaren sich kulturelle Gastlichkeit mit Gesprächen im Laufen, mit Genuss und dem sich Mitteilen und Weitertreiben von Ideen.
AS: Was macht dieses Haus mit uns?
CR: Monika möchte, dass es magnetisch funktioniert. Sie macht, dass du dich angezogen fühlst von dem Ort. Gewöhnlich fährt man ja nicht zu irgendeiner Insel, oder? Also für mich wäre jetzt „griechische Insel“ an sich keine Attraktion.
AS: Nein. Die Attraktion ist, dass wir…
CR: …zusammen zu Monika…
AS: …in diese Kultiviertheit fahren.
CR: Wir – Monika – Kultiviertheit: das ist schon fast eine Grammatik.
AS: Man fühlt sich mit Monika sicher, weil sie uns teilhaben lässt, an dem was sie schon kennt.
CR: Und wenn wir zusammen was Neues ausprobieren, gibt es halt ein Riesengezeter und das ist auch nicht schlimm. Das gehört für sie dazu. Monika kann wirklich beides: Bohème und Bourgeoise, total modern und traditionell zugleich sein. Sie hat verschiedene Ängste – die Höhenangst, die Schlangenangst – und die hindern sie an nichts. Das lernt man von ihr, recht ungehindert zu sein.
Nachtrag
CR: Es gibt dieses Foto einer Tasche mit Reissverschluss, welches Monika mit einem Augenpaar übermalt hat. Der offene Reissverschluss der Tasche wird so zum Mund. Wenn Birgit Kempker den Reissverschluss will, um sich schliessen zu können, dann hätte Monika Dillier gerne einen, um sich zu öffnen.